36. Engadin Skimarathon 21.02.2004

Samstag, 8 Uhr, Ich stehe für einen Samstag sehr spät auf, denn es geht heute in die Berge. Jetzt denkt ihr bestimmt, der spinnt nun völlig, der schreibt schon wieder von Bergen (und so ist es auch).
Also, die Zeiger standen auf Punkt Neun Uhr und ich hastete im Haus herum, denn Räfe und Käseglocke warteten schon auf mich. Kaum eingestiegen, wurden schon riesige Sprüche geklopft, denn unser Transporteur war bereits schon lange wach. Käse und ich steckten dies natürlich wie vieles weg und wir hatten dies bereits vergessen, als wir im Königreich Lindau einfuhren um Prinz van der Teppich abzuholen. Dieser, nervös wie er war, bekam von einem seiner Hofnarren den Tipp, Schneeketten einzupacken. Zur Beruhigung vom König und Vaterland machten wir dies dann auch noch.

Endlich unterwegs gingen unserem Chauffeure die Nerven manchmal durch, das heisst, wenn jemand etwas "schneggelte", wurde er gnadenlos überholt, sei es auf der Autobahn, auf dem Julier oder nur auf einer stinknormalen Strasse.
Wir gingen einen Zwischenhalt im Glarnerland einlegen, wo wir auf unseren restlichen Anhang warteten (nicht der FC Xamax). Nach ein paar zerquetschten Minuten war es dann auch so weit, es betraten das Schlachtfeld: Gazelle (saisonbedingt Schneeleoparde genannt), Tänzer (im Winter bzw. am Engadiner auch Langtänzer) und Isli (Die Killerlawine). Wir deckten uns noch mit Cola oder so ein, um dann bei der sehr flüssig deutsch sprechenden Kassiererin den Satz "Du Balkan?" zu hören. Wir mussten leider dementieren und gingen zum Auto.

Mit etwas Verspätung trafen wir in St. Moritz ein, um unsere Startnummer abzuholen. Nachdem wir aus diesem Puff raus, waren ging es nach Pontresina um das Mittagessen einzuziehen. Am Tisch warteten bereits zwei bekannte Gesichter und als wir dann unsere Pizza oder was auch immer bestellt hatten, ging es flott und schon hatten wir unsere Mahlzeiten verschlungen. Nach ein paar Witzen mit dem Kellner, der nicht kleiner hätte sein können (2.02m), gingen wir unsere Weltcupski holen. Wir probierten unsere Sachen an, um dann unsere Unterkunft in Zuoz zu beziehen.

In der Unterkunft angekommen gingen wir unsere Zimmer ansehen, das heisst, es gab ja nur zwei - ein Zweier und ein Siebner. Es bezogen Isli und Räfe die Hochzeitsuite und der Rest das sehr stilvolle mit sieben Zimmern ausgestattete Appartement. Nein, in Wahrheit hatten in diesem Zimmer nur so viel Platz, weil unser Leoparde im Dritten Stock des Kajütenbettes schnurrte und das nicht gerade in schwindelfreier Höhe war.

Beni, Yves, Käse, Tänzer, Isli und ich beschlossen noch schnell eine Runde auf den Ski zu machen (Betonung auf schnell) um wieder das Gefühl zu bekommen (das wir eigentlich gar nie hatten). An diesem Tag fragte sich ein kleiner Junge, was er auf diesen Brettern verloren hatte. Er schaffte kaum einen Meter, um dann wieder Drei zurückzurutschen. Doch Langlauftrainer Isler nahm in an die Brust und zeigte dem Prinzen einige "Moves". Käsemann und ich gingen noch ein paar Tiefschneefahrten machen, um dann nach einer Stunde und nicht ganz fünf Kilometern wieder nach Hause zu gleiten.

Wir gingen früh ins Bett (ca. 22 Uhr). Dies brachte denen dennoch nicht viel, denn sie wollten die Nacht unbedingt auf dem WC verbringen. Nach genügend Schlaf standen wir um 5.45 Uhr oder so auf. Dann ging’s ans Morgenbuffet um unseren Hunger zu stillen. Dort angekommen waren nicht mehr gerade viel andere Läufer anwesend (am Abend mussten wir warten um zu essen bis ein Platz frei wurde).
Nach dem Essen gingen wir ins Zimmer, holten alles was wir benötigten und dann konnte die Reise losgehen.

Wir fuhren von Zuoz nach St. Moritz mit dem Zug, wo wir von Schwedischen Läufer noch ein Ständchen bekamen. In St. Moritz stiegen wir in einen Shuttlebus ein, welcher uns ins Startgelände nach Maloja brachte. Auf der Fahrt geschah nicht mehr viel anderes als dass es immer wärmer wurde im Bus und wir schon total verschwitzt ausstiegen.

Wir (Hinze, Beni, Käse und ich) verkleideten uns nun (man nehme einen Chemieanzug XXL, einen String XXL, eine Badekappe und eine völlig hohle Sonnenbrille), wie es sich für echte Läufer mit Siegeswillen gehört und gingen an den Start.
Am Start angekommen musste ich eigentlich aufs WC, doch da es nur noch fünf Minuten bis zu unserem Start ging, riss ich mich nochmals zusammen.

Fünf, vier, drei, zwei, eins, oleeeeeeoleeeeeoleeeoleeee, und es konnte losgehen - jedenfalls bei denen, die ihre Ski schon gefunden hatten.
Wir starteten, ich sage jetzt mal am Ende des Feldes, um natürlich möglichst viele überholen zu können (was jedoch nie eingetreten ist, jedenfalls nicht bei mir). Mingg und Treichler starteten eine Gruppe vor uns. Warum weiss ich nicht, ich glaube sie mussten vorspuren oder wohl doch, weil sie schneller als andere waren?! Egal. Ich hatte schon Mühe an die Startlinie zu gelangen, da wir zuhinterst starteten waren dies immerhin ca. 50 Meter waren.

Die Ersten 10 Kilometer oder die ersten Gehversuche
Stürmer, Hinze, Tinus, Käsefrau und ich fuhren anfangs zusammen. Ihr fragt Euch warum ich schreibe am Anfang? – weil nach gut einer Viertelstunde, Hinze und Tinus in der Menge vor uns verschwanden und kaum waren ein paar Minuten vergangen, waren Teppichgestrüpp und ich auf uns alleine gestellt, denn auch Käseglocke war ausgerissen. Nach 10 Kilometern dachte ich bereits ans Aufgeben, doch die Ehre liess mir dies nicht zu. Es konnte doch nicht sein, dass ich vor Beni aufgeben werde. Also biss ich weiter neben Benjjji her.
Die nächsten Kilometern und der erste Verpflegungsstand
Der Erste Verpflegungsposten, endlich eine Pause! Doch wie sollte dies wohl enden, wenn ich jetzt schon einen Stopp brauche. Wir werden sehen.
Mit unseren Gewändern hatten wir für grosse Unterhaltung gesorgt. Schon nach diesen Kilometern waren wir kleine Berühmtheiten. Nachdem wir bei der Sprungschanze vorbei waren, kam der Stätzerwaldaufstieg auf uns zu und durch St. Moritz hatte es schon sehr viele Bodenwellen. Noch wichtiger waren jedoch die vielen Zuschauer und so kam es, dass ich einen der vielen "Schanzen’" nützte, um einen sauberen Sprung hinzulegen, was mir mit viel Glück gelang.
Am Aufstieg
Wir, dass heisst Fragensteller und ich standen sicher eine halbe Stunde an, wobei wir von weitem Käser sahen der schon bereits am raufmarschieren war. Ich dachte, ich könnte doch einen Riegel vertragen und da es bereits einwenig aufwärts ging, stellte es sich als ein kleines Problem heraus. Ich gab meine Stöcke Beni Zottelbock um den Farmer öffnen zu können, doch leider musste ich feststellen, dass ich langsam und immer schneller rückwärts zu rutschen begann. So kam es, dass wir sicher wegen zwei so blöder Riegel nochmals einen Rückstand von etwa fünf Stunden, oder wohl eher Minuten einbüssten?
Die Abfahrt
Das Volk tobte als Beni und ich um die Ecke bogen. Ich konnte es nicht lassen, eine weitere Kostprobe von meinem fahrerischen Können zu zeigen und so fuhr ich in der Hocke einen Slalom um die Bäume. Als mich der Speaker auch noch ausgerufen hatte, war das Volk begeistert und wir fuhren in Pontresina ein.
Die letzten 20 Kilometer
Die Füsse schmerzten schon seit langem und als wir beim Flugplatz Samedan ankamen und Durst verspürten, fuhren wir von der Strecke, um uns beim Essenstand der Zuschauer ein Sprite zu genehmigen. Ich danke der älteren Dame, die uns das Getränk bezahlt hat. Am nächsten Offiziellen Essensstand entwischte mir auch noch Langläufer Spiess, danach nahm ich das Rennen gemütlich (ja es geht noch gemütlicher als letztes Jahr!!!). Ich kämpfte mich nach Zuoz, wo ich von weitem hörte, dass Beni ausgerufen wurde. Eine Viertelstunde später war auch ich beim letzten Verpflegungsposten in Zuoz angelangt, wo ich nochmals eine Show abziehen musste (es hatte so viele junge Mädels, die auf mich gewartet hatten) und dann den Hügel hinauf schlenderte, ja schon stolperte.
Die Colanhöhen oder einfach scheiss Hügel
Diese Strecke hatten wir am Vortag bereits gemeistert, jedenfalls die ersten paar Hügel. Doch es kamen immer mehr und es wollte nicht mehr aufhören. Meine jetzigen direkten Konkurrenten waren, Erstens Klassisch unterwegs und Zweitens hätten sie meine Grossväter sein können. Ich liess mich nicht mehr beirren und machte beim Foto noch eine Grimasse, die mich so viel Kraft gekostet hatte, dass ich wieder zehn Plätze verlor.
La flamme Rouge oder der verdammte letzte Kilometer
Ich hatte endlich nochmals einen etwa gleichaltrigen Skater gefunden (na ja fast gleichaltrig, etwa 35!!!), der etwa gleichviel, wie wir auf den Ski gestanden hatte. Doch auch den musste ich passieren lassen (wahrscheinlich Rechtsvortritt oder so). Auf diesem Kilometer dachte ich nur noch ans Abziehen dieser blöden Bretter. Doch ich sah das Ziel schon und nicht nur das Ziel, sondern auch eine Truppe Wahnsinniger, die schon winkten. Ich winkte zurück und lief, ja schlich wieder zehn Meter, um wieder zu verschnaufen. Nach fünf, sechs Pausen (meist Kreativpausen) fand ich mich auf den letzten 50 Metern wieder.
Der Zieleinlauf mit einem Fotofinish und einer LAOLA-Welle
Ich lief diese letzten Meter nicht mehr viel schneller, doch ich musste noch um Rang 9442 kämpfen und so schmiss ich meine Knöchel ins Ziel, wo meine Zeit bei fantastischen 5:25 Stunden gestoppt wurde. Dahinter wurde ich vom Zielpublikum gefeiert und machte noch eine LAOLA- Welle, welche die hinter mir Eingelaufenen nicht gerade erfreute, mussten sie sich doch gedulden bis ich weiterlief.
Im Ziel
Es war zum Zweiten mal geschafft! Ich schlurfte die Treppe hoch und wurde von grinsenden Lindauern empfangen. Doch auch die fremden Leute kannten mich seit dem Zieleinlauf und gratulierten mir zum Erreichten. Ich gratulierte zurück und machte mich auf die Socken zum Auto.

Danke fürs Mitkommen und Organisieren und nochmals allen Herzliche Gratulation zum überstandenen Lauf. Ich freue mich aufs nächste Jahr! (Eigentlich wollte ich nie mehr starten - doch jetzt, wo ich am aufblühen bin, werde ich auch nächstes Jahr wieder Laufen!)

Der Schreibende Läufer

Auf die Publikation der Rangliste wird verzichtet. Unsere sensationellen Plätze können jedoch auf der Gesamt-Rangliste unter http://www.engadin-skimarathon.ch angeschaut werden.